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AUSTAUSCHJAHR

Australien ist wohl das 4WD-Land schlechthin. Steile Sanddünen, rutschige Matschpartien, steinige Anstiege, tiefe Flusskreuzungen – all diese Widrigkeiten der Natur erschweren von Zeit zu Zeit das Durchkommen. Besonders im Outback ist ein Allradfahrzeug auf vielen Strecken ein Muss, ansonsten steckt man schlicht fest.

All das kannte ich bisher nur aus Erzählungen. Von Internet-Seiten. Aus YouTube-Videos. Aber endlich sollte es real werden.

Es war der Samstag vor einer Woche, der mein Leben von Grund auf verändern mich in diese Welt einführen sollte. Joachim startete – mit mir auf dem Beifahrersitz des Nissan Navara – zum Powerlines Track.

An der Tankstelle, an der wir nochmal unsere Dieselvorräte auffüllten, stießen noch ein paar Begleiter zu uns: Sein Sohn Dean mit den Enkeln Kieran (11) und Conor (7) im Toyota Landcruiser sowie sein Freund Simon mit dessen Toyota Hilux.

4WD Powerlines - Convoy on Dirt Road - IMG_6559

Unsere Kolonne auf der Dirt Road

Bereits nach einer knappen Stunde Fahrt aus der Millionenmetropole Perth heraus fanden wir uns mitten im australischen Busch wieder. An der nächsten Kreuzung links ging es auf eine Straße, die nicht mehr aus Asphalt, sondern nur noch aus plattgewalzter Erde bestand.

Nach wenigen Kilometern auf dieser dirt road hielten wir an um die Luft aus den Reifen zu lassen. Natürlich nicht komplett, aber ein bisschen mehr als die Hälfte musste schon raus: von 40 auf 18 psi. Ansonsten würde nämlich der steinige Track, der vor uns lag, den Reifen nicht wirklich gut bekommen und wir hätten ziemlich bald einen Platten.

Dann links abgebogen auf einen mehr oder weniger eindeutig zu erkennenen Weg – und los ging’s!

Schnell wurde mir auch klar, warum dieser Track so heißt: Er folgt den Powerlines – zu deutsch etwa Strommasten – von Mundaring nach York; und seine eigentliche Bestimmung ist, den Elektrikern einen Zugang für eventuell nötige Reparaturen zu bieten. Aber er wird von der lokalen 4WD-Community fleißig zweckentfremdet :D

4WD Powerlines - View over part of track - IMG_6754-2

Die (schwach zu erkennende) Stromleitung geht schnurgerade durch; und untendrunter windet sich der Track entlang.

Die erste Challenge für die Wagen ist ein Wasserloch mit ganz ordentlicher Tiefe – die Reifen verschwinden fast komplett unter der Oberfläche. Es gibt zwar um die allermeisten Hindernisse auch eine “Umgehungsroute” (im “Fachjargon” nennt man sie chicken runs :D ), aber Joachim will mir natürich zeigen, durch was so ein 4WD alles durchfahren kann. Und tatsächlich: Im Allradmodus, zweiter Gang Low Range und Front- sowie Rear-Lockern drin schnurren wir sanft durch das Loch :)

Dean fährt drumherum – er braucht seinen Wagen täglich um zur Arbeit zu fahren, will also nicht allzuviel riskieren. ;) Simon hat zwar keine Diff-Locker drin, was die Sache ein bisschen schwieriger macht, will aber auch durchfahren und muss entsprechend etwas mehr Gas geben, um nicht stecken zu bleiben. Das ist zwar nicht so gut für den Wagen, ergibt aber eine schön anzusehende spritzende Welle!

4WD Powerlines - Waterhole - IMG_6549-2

Sieht flach aus, wird in der Mitte aber ganz schön tief!

Von hier an erzähl’ ich dann mal anhand von Fotos:

Das war also meine erste 4WD-Tour! Nur eine knappe Stunde aus Perth raus kann man schon ordentlich das australische Outback erleben. Ich kann wohl sagen, dass mich das Fieber gepackt hat und das jetzt auch auf meiner Bucketlist steht – für dann, wenn ich in dieses tolle Land zurück komme! :)

AUSTAUSCHJAHR

Freitagnachmittag, Schulschluss, Ferienbeginn. Nachdem ich allen eine schöne Zeit gewünscht habe, geht’s schnell nach Hause, wo ich fix den Koffer aufsammle und quasi sofort wieder in Richtung Flughafen aufbreche. Von dort geht nämlich noch am selben Abend mein Flieger, der mich einmal über den Kontinent ins 3000 Kilometer entfernte Western Australia bringt.

Gegen Mitternacht lande ich in WAs Hauptstadt Perth, wo mich Joachim direkt abholt. Zu Hause angekommen gibt’s bei einer kleinen Plauderei noch einen Sandwich-Mitternachtssnack, bevor ich mich dann endlich meinem SCHLAF widmen will, dem ich die letzte Schulwoche über schon so entgegen gesehnt habe. Wie das in meinem Alter halt so ist ;)

Doch nix da – am nächsten Morgen ist gleich Action angesagt. Um sieben Uhr heißt’s aufstehen, frühstücken und den Wagen fertig machen. Vor der Tür steht Joachims 4WD, ein Nissan Navara mit Allradantrieb, Spotlights, hochgelegter Federung, Reserverad, Roobar und noch ner ganzen Menge anderer Dinge, “die man halt so braucht” :D

Joachims 4WD Nissan Navara - DSC05942-2

Auf dem Anhänger haben wir das Quad fest verzurrt.

So ausgerüstet geht’s also auf den Weg gen Osten. Bereits nach wenigen Kilometern kommt uns (auf einer ganz normalen Straße) ein Oversize-Konvoi entgegen. Das sind große Schwerlasttransporter, die – von zehn Warnfahrzeugen eskortiert – riesige Bergbaumaschinen von A nach B bringen. Das zeigt einem deutlich, dass hier in WA einfach alles ein bisschen größer ist…

Western Australia Oversize Transport - IMG_6250-2

Nachdem wir 130 Kilometer landeinwärts gefahren sind, biegen wir von der Asphalt-Straße endlich auf eine ungeteerte, grobe, rote Piste ab. Hier, fern ab von den großen Städten, nur umgeben von Bauernhöfen, besitzt Joachim seine eigenen 75 Hektar Land. Grüne Graswiesen, bunte Wildblumen, feinkörniger Sand, roter Staub, ein kleiner Bach – all das findet sich auf seinem privaten Grund und Boden.

Hier treffen wir einige Familienmitglieder und Freunde, die auf ihren Allradfahrzeugen und Anhängern allesamt ihre Motorräder mitgebracht haben. Schon bald darauf heizen alle durch die Gegend, immer vorne mit dabei die 11 und 7 Jahre alten Enkel von Joachim.

Am Anfang bin ich noch nur am Fotografieren, doch schon bald nimmt mich Kieran (der Elfjährige) auf dem Quad mit. Ich leihe mir einen Helm, springe hinter ihm auf’s Gefährt, halte mich ordentlich fest – und dann geht’s los. Der Junge kann ganz ordentlich mit dem Teil umgehen, und so schießen wir mit 50 km/h durch die Landschaft. Was im Auto ganz normal ist, fühlt sich auf so einem offenen Quad doch ein bisschen krasser an… :)

Christoph Friedrich und Kieran Stocker Quad - DSC_0583

Als wir nicht viel später auf einer größen Wiese angekommen sind, weist er mich kurz ein (“Mit dem Ding hier gibst du Gas, da unten bremst du und ansonsten musst du nur noch lenken”) und lässt es mich daraufhin selber ausprobieren. Am Anfang bin ich noch sehr zaghaft mit dem Gas und fahre nur geradeaus, aber nach zwei Minuten habe ich ein Gefühl für das Fahrverhalten gefunden und traue mich etwas mehr.

Es dauert nur eine Viertelstunde und ich fühle mich mit dem Gefährt vertraut. Jetzt hüpft Kieran hinter mir auf den Sitz und ab geht’s durch die Wallachei! Mit nem Quad durch die Gegend heizen – leider geil! :D

Ab diesem Zeitpunkt will ich fast schon gar nicht mehr absteigen, nur zum Mittags-Lunch lege ich eine kurze Pause ein. Aber die gesamte restliche Zeit genieße ich es, mit meinem Spielzeug über das Gelände zu fahren. Und dank Allradantrieb bringt mich das Quad auch durch wirklich jegliches Gelände.

Christoph Friedrich Quad - DSC_0626-2

Off-roading The Block - Quad in the wild - IMG_6277

Hach, so ein eigenes Grundstück, wo einen keiner stört und man einfach tun und lassen kann was man will, ist wirklich was Feines. Sowas hab ich in meinem Leben zuvor noch nicht gemacht – es war ein großer Spaß!

Doch alles hat ein Ende, so leider auch dieser Tag. Aber nach diesen ersten 24 Stunden konnte ich bereits sagen: Es hat sich jetzt schon gelohnt nach Perth zu fliegen!

AUSTAUSCHJAHR

(Die Überschrift ist natürlich eine Anspielung auf diesen Artikel ähnlichen Namens.)

Ich hatte zwar vor noch nicht einmal sieben Tagen geschrieben, ich hätte das Outback jetzt erstmal abgehakt, aber dieses Thema brummt brennt mir doch noch unter den Nägeln: die Roadtrains.

Wenn man Roadtrain wörtlich übersetzt, heißt das Straßenzug; oder, etwas freier, Zug auf der Straße. Und so ist das auch zu verstehen. Das sind nämlich gewaltige Zugmaschinen, die bis zu drei Anhänger auf einmal ziehen und so durchaus eine Länge von über fünfzig Metern erreichen können.

Outback - ABC-Roadtrain am Erldunda Roadhouse - IMG_5514

Krasse Dimensionen...

Wenn man im Outback unterwegs ist, begegnet man ihnen zwangsläufig früher oder später, denn sie sind das logistische Rückgrat dieser dünn besiedelten Region. Diese riesigen Lastwagen machen es möglich, auch die entlegensten Dörfer mit Essen, Benzin, Post, Medikamenten und allen anderen Dingen des alltäglichen Lebens zu versorgen.

Als wir während unseres Outback-Trips eine Pause am Erldunda Roadhouse einlegten, hielten grade ein paar dieser Giganten am Straßenrand. Während Papa und ich uns diese Ungetüme ansahen, kam einer der Fahrer zurück. Er ließ sich gleich auf eine kleine Plauderei ein und erklärte uns was sein Job ist: Pro Woche einmal quer durch den Kontinent von Adelaide nach Darwin und wieder zurück fahren.

Das sind 3000 Kilometer. Pro Weg. Der Mann ist viel unterwegs.

Outback - Roadtrains - Christoph Friedrich mit Zugmaschine - K-IMG_3137

Ein imposantes Gefährt!

So viel Power will natürlich auch bewegt werden. Er verrät uns, dass sein Gerät schlappe 75 Liter pro 100 Kilometer schluckt. Und Duckie sagt, wenn diese Dinger in Alice Springs an der Tanke stehen, beläuft sich die Rechnung nicht selten um die 2000 Dollar…

Für normale Autos ist ein Zusammenstoß mit einem Känguruh oder anderem Australian Wildlife oft folgenreich. Schäden am Kühler sind zu erwarten, sogar Verletzte nicht ausgeschlossen. (Das Tier stirbt meist sowieso.) Deswegen hat jedes Vehikel, das im Outback unterwegs ist, eine Roo Bar vorne dran. Wörtlich: Känguruh-Fänger. Die Roadtrains brauchen eine besonders stabile, denn der Bremsweg eines solchen Kolosses ist jenseits von Gut und Böse…

Mehr Bilder finden sich auf dieser Webseite, und wer sich für die alltäglichen Erlebnisse eines Fahrers interssiert sowie keine Scheu vor Bleiwüsten hat, der sollte sich dort die Unterseite My Trucking Storys ansehen.

Auch in Ingrids Welt gibt es eine interssante Roadtrain-Seite; und Infos über das, was sich sonst noch so auf Australiens Straßen rumtreibt, kann man auf der entsprechenden Seite in Rainers Outback-Guide lesen. Überhaupt kann ich dem geneigten Australien-Enthusiasten diese beiden Webseiten uneingeschränkt empfehlen.

Soviel also zu unserer Bekanntschaft mit einem australischen LKW-Fahrer. Am Wochenende bin ich wieder für euch zurück – dann mit Bildern von Phillip Island. Get excited! :-)

Outback - Roadtrain Ausfuel Directhaul - K-IMG_5499

Da rollt er seinem Ziel entgegen...