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Kategorie: Austauschjahr
AUSTAUSCHJAHR

Aufmerksame Zeitstempel-Beachter haben vielleicht bemerkt, dass bei diesem Artikel die Zeitdifferenz zwischen Deutschland und Australien plötzlich nicht mehr wie bisher 10, sondern nur noch 9 Stunden beträgt. Ihr in Deutschland habt nämlich letzte Nacht die Uhren umgestellt, wir hier in Australien aber noch nicht. Und wenn dann demnächst hier umgestellt wird, beträgt die Zeitdifferenz sogar nur noch 8 Stunden.

Jetzt denkt sich der geneigte Leser natürlich: “WTF?” Und deswegen will ich dieses Zeit-Wirrwarr mal ein bisschen auseinander nehmen.

Als erstes das grundlegendste: Australien besteht (ähnlich wie Deutschland oder die USA) aus Bundesstaaten; acht an der Zahl. Ich hab dazu mal eine Karte gebastelt:

Australien Karte Bundesstaaten

Die australischen Bundesstaaten

Jedem dieser Bundesstaaten steht es grundsätzlich frei, zu entscheiden, welche Zeit auf seinem Gebiet gilt. Sie orientieren sich dabei an ihrer geographischen Lage, dementsprechend sind die weiter östlich liegenden Bundesstaaten den weiter westlich liegenden “in der Zeit voraus”. Logisch, bei ihnen wird es ja auch früher dunkel.

Für die Karten, die jetzt folgen, ist es wichtig zu wissen, dass Zeitzonen immer als Abweichung von der UTC angegeben werden. UTC bezeichnet dabei die Zeit, die am Nullmeridian in Greenwich bei London gilt, wobei die Sommerzeit vernachlässigt wird. Manche kennen die UTC vielleicht auch als Greenwich Mean Time (GMT).

Beispiel? Bitteschön: Die MEZ entspricht UTC+1, da Deutschland im Winter eine Stunde vor London ist. Die MESZ entspricht UTC+2, denn die Sommerzeit wird außenvorgelassen. Und in New York gilt während des Winters UTC-5 – man hinkt der MEZ sechs Stunden hinterher.

Generell haben die australischen Bundesstaaten ihre Zeitzonen wie folgt festgelegt:

Australien Karte Bundesstaaten Standardzeit

Die australischen Standard-Zeitzonen.

Im Northern Territory und in South Australia (und dort besonders [aber nicht nur] in Adelaide) ist man der Auffassung, dass man anders ist als die “großen Brüder” Melbourne/Victoria und Sydney/New South Wales. Deswegen benutzen sie eine um 30 Minuten unterschiedliche Zeit. Wenn sie’s unbedingt brauchen…

Wer jetzt meint, das wäre bis hierher schon kompliziert, dem sage ich: Das ist soweit noch recht friedlich! Denn nun kommt die Sommerzeit ins Spiel. :D

Wir Europäer sind es gewohnt, dass die Tage im Sommer länger sind als im Winter. Je näher man jedoch dem Äquator kommt, desto geringer wird dieser Unterschied. Das führt dazu, dass die nördlichen Bundesstaaten sagen: “Nö, wir brauchen keine Sommerzeit, das macht für uns gar keinen Sinn!”, während die südlichen Bundesstaaten meinen: “Klaro, da gibt’s nen ordentlichen Unterschied, wir machen ‘ne Sommerzeit!”

So kommt es, dass es im australischen Sommer – also von Oktober bis April – FÜNF (!) Zeitzonen gibt:

Australien Karte Bundesstaaten Standardzeit Sommerzeit

Die Zeitzonen von Oktober bis März

Um das Chaos komplett zu machen, wird in Deutschland und Australien auch noch an unterschiedlichen Tagen umgestellt. Während Deutschland Ende März die Uhren vor- und Ende Oktober wieder zurückstellt, dreht man in Australien Anfang April zurück und Anfang Oktober wieder vor. Es gibt also zwei kurze Zeitspannen (eine Woche im März/April und vier Wochen im Oktober), in denen zum Beispiel der Zeitunterschied von Deutschland nach Melbourne nicht acht und auch nicht zehn, sondern neun Stunden beträgt… Das macht die ganze Sache definitiv nicht einfacher!

Nette Geschichte am Rande: Die besondere Konstellation der australischen Sommerzeitzonen führt zu der bizarren Situation, dass es in Australien einige Orte gibt, an denen man an Silvester DREI MAL (!) die Korken knallen lassen kann – dort treffen jeweils drei Zeitzonen aufeinander. Von Westen nach Osten heißen diese Orte: Surveyor Generals Corner, Poeppel Corner und Cameron Corner. Ich hab sie mal in der folgenden Karte als weiße Punkte eingezeichnet:

Australien Karte Bundesstaaten Standardzeit Sommerzeit Corners

Die "Ecken" Australiens

Ja, das ganze ist ein klein wenig kompliziert. ;) Und auch ich habe einige Zeit gebraucht, bis ich das soweit verstanden hatte. ;) Aber ich hoffe ich hab’s euch verständlich erklärt! :) Und ab jetzt gibt’s auch keine Entschuldigung mehr, wenn mich irgendwer zu nächtlicher Zeit erreichen will und sich wundert, warum ich nicht antworte! :D

Edit: Da hatte es mich wohl selbst ein bisschen durcheinander gebracht. Zuerst schrieb ich, dass man in Australien die Uhren im April vor und im Oktober zurückstelle – es ist natürlich genau anders herum. Ist jetzt korrigiert. Danke für den Hinweis an meine aufmerksame Mama! :D

AUSTAUSCHJAHR

Es ist Donnerstagmorgen, der Himmel wolkenverhangen. Ein leichter Regen hängt in der warmen Sommermorgenluft. Die Sonne kämpft sich durch die Wolkendecke und taucht die ganze Landschaft in ein atemberaubendes Licht, die Wolken erstrahlen in unbeschreiblichen Farbtönen, auf dem Asphalt leuchten die Pfützen. Und über den Himmel spannt sich ein riesiger Regenbogen.

Die Situation hat etwas bizarres, etwas besonderes, etwas geheimnisvolles.

Mir als Fotografen zuckt es natürlich gleich in den Fingern, diese besondere Situation festzuhalten. Und so opfere ich ein paar Minuten meiner kostbaren morgendlichen Zeit und fange dieses Schauspiel ein.

Melbourne Morgenstimmung mit Sonne und Regen

Morgenstimmung

AUSTAUSCHJAHR

Dieses Wochenende stand Melbourne mal wieder im Rampenlicht des Weltsports: Die Formel 1 gastierte zum Saisonauftakt!

Ich bin wahrlich kein Motorsport-Fan. Im Kreis rumfahren? Hmm… Aber seit dieser größte Autozirkus der Welt hier aufkreuzte, war ich Feuer und Flamme. Denn wenn man während des Unterrichts im Klassenraum sitzend bereits die Motoren aus dem drei Kilometer entfernten Albert Park Circuit hören kann, dann schockt das schon ordentlich!

Am Samstag sagte ich mir also: Das musst du dir unbedingt mal ansehen! Gesagt – Getan. Auf zum Albert Park.

Dort wurde ich erstmal ordentlich enttäuscht: Alles war gnadenlos abgesperrt und die Zäune mit schwarzen Planen verhängt – keine Chance, etwas zu sehen oder gar für lau reinzukommen. 58 Dollar (knapp 47 Euro) Eintritt für ein Kind – die spinnen doch! Also stieg ich erstmal auf einen Baum, um zumindest einen Blick auf die gerade trainierenden Boliden erhaschen zu können.

Melbourne Formel 1 Qualifying 2012 - Aussicht vom Baum

So bescheiden wie dieses Foto waren auch Aussicht und Sitzqualität auf dem Baum...

Während ich also draußen auf meinem Baum saß, endete “drinnen” langsam das Training und einige Leute kamen heraus. Einer von ihnen fragte mich, ob ich sein Ticket haben und damit reingehen möchte – natürlich wollte ich! Geile australische Mentalität! (Disclaimer: Habe ich natürlich nicht angenommen, ich habe mir ein eigenes Ticket gekauft und bin mit diesem reingegangen.)

Nun war ich also richtig auf dem Areal und suchte mir sofort für das zwei Stunden später beginnende Qualifying einen schönen Platz direkt zwischen den Kurven 9 und 10 – bester Blick auf eine mittellange Gerade und supergute Fotoposition!

Als das Spektakel dann losging, war das schon ganz schön genial. Nnnnjiaauuuuuuu! Hach, eigentlich doch gar nicht so übel, dieser Sport. Mit meinem neuen 70-300mm-Teleobjektiv (Fettes Danke an meinen Spender-Onkel Konrad!) konnte ich die Raserei auch auf Fotos bannen:

Melbourne Formel 1 Qualifying 2012 - Action in der Kurve

Super Fotoposition und super Action drinnen in der Kurve!

Aber diese Dinger sind ja SOOO laut! Boah, das hätte ich echt nicht gedacht…

Fasziniert von der Formel 1 ging ich am Ende des Qualifyings (das übrigens Hamilton gewann) nach Hause und dachte mir, dass ich am nächsten Tag unbedingt zum eigentlichen Rennen wieder hin muss. Wiederum: Gesagt – Getan. Zusammen mit meinem österreichischen Austausch-Freund Vinzenz war ich also auch am Sonntag wieder zum Albert Park unterwegs.

Ich zeigte ihm, gemeinsam auf einer Mauer sitzend, wo ich am Vortag das Training beobachtet hatte. Und während wir dort so saßen, fragten uns zwei junge Männer von drinnen, ob wir ihre beim Reingehen nicht abgestempelten Karten haben und mit diesen reinkommen wollten – natürlich wollten wir! Geile australische Mentalität! (Disclaimer: Auch hier haben wir natürlich wieder abgelehnt, jeder die 68 Dollar (55 Euro) für ein ermäßigtes Ticket bezahlt und sind dann mit diesen reingegangen.)

Ha! Auf dem Gelände, auf das in den nächsten fünf Stunden via TV die ganze Welt schauen wird! Und wir mittendrin! :)

Wir machten uns auf den Weg, einen guten Platz zu finden – es waren ja schließlich noch anderthalb Stunden bis zum Rennbeginn. Währenddessen genossen wir die Flugshow von Red Bull:

Melbourne Formel 1 Rennen 2012 - Flugshow von Red Bull

Die Flugshow - beeindruckende Präzisionsarbeit!

Schlussendlich ließen wir uns an der Kurve nummero 2 nieder – nicht weit von der Ziellinie entfernt, mit perfektem Blick auf die gesamte Schikane und die dahinterliegende lange Gerade!

Und dann ging das Spektakel wieder los: Mit heulenden Motoren und einem ungaublichen Getöse saußten die Rennwagen an uns vorbei:

Melbourne Formel 1 Rennen 2012 - Albert Park Circuit Schikane

Der grandiose Blick über die Schikane - Unser Platz für's Rennen!

Intelligenter Weise hatten wir uns heute Ohrenstöpsel gekauft – ansonsten wären wir wohl mit erheblichem Gehörschaden wieder nach Hause gegangen.

Mit andauerndem Rennen wurde das ganze allerdings weniger interessant: Immer mal wieder Nnnnjiaauuuuuuu! schockt auf anderthalb Stunden dann doch nicht. Erst gegen Ende wurde es wieder hochinteressant – wir wollten natürlich mitkriegen wer Sieger wird und den ersten Saisonsieg einfährt!

Am Ende machte McLaren-Mercedes-Pilot Jenson Button im wahrsten Sinne des Wortes das Rennen und sicherte sich vor Vettel von Red Bull und seinem Teamkollegen Hamilton den Sieg.

Melbourne Formel 1 Rennen 2012 - Zuschauer Menschenmenge

Die Menge bejubelt einen der Red-Bull-Piloten - Australier Mark Webber oder deutscher Titelverteidiger Sebastian Vettel?

Keine zwei Minuten nachdem die Wagen von der Strecke in Richtung Garagen rollten, begann das Publikum damit, die Strecke zu stürmen und in Scharen auf dem “heiligen Asphalt” gen Podium und feiernde Sieger zu strömen. Wir waren natürlich auch hier mit dabei!

Melbourne Formel 1 Rennen 2012 - Zuschauer Menschenmasse auf der Rennstrecke

Die RIESIGE Menschenmasse auf der Rennstrecke

Es war irgendwie schon ein gigantisches Gefühl, auf dem Stück Straße zu stehen, auf dem vor wenigen Minuten die Formel-1-Piloten noch mit atemberaubenden Geschwindigkeiten um die entscheidenden Zehntelsekunden gekämpft haben!

Mitgebracht haben wir natürlich auch ein paar kleine Andenken:

Melbourne Formel 1 Rennen 2012 - Mitbringsel von der Strecke

Von links nach rechts: Original Formel-1-Reifenabrieb, Original Formel-1-Straßenbegrenzung und Original Formel-1-Kiesbett-Kies! :D

Und wenn man schonmal auf ner Formel-1-Rennstrecke ist, dann gönnt man sich natürlich auch das hier:

Melbourne Formel 1 Rennen 2012 - Ich mit der Pole Position

Das ließ ich mir natürlich nicht nehmen: Ein Foto mit der Pole Position!

Was für ein oberhammersuperdupergeniales Hochgeschwindigkeits-Wochenende! :) :) :)